Unser erster Tag in Taiwans Hauptstadt verläuft im wortwörtlichen Sinn ganz nach unserem Geschmack. Unser Hotel liegt in Dongmen, das – wie uns später einige Taiwanesen eifrig bestätigen – vor allem für sein Essen und die vielen guten Lokale berühmt ist. Auch uns eröffnet sich dieser Umstand in dem Augenblick, in dem wir unser Hotel verlassen – und mitten am Dongmen-Market stehen.
Rundgang: Wanhua District
Dauer: 1 Tag
Besichtigungen: Chiang Kai Shek Memorial Hall (gratis), Longshan Tempel (gratis), Bopiliao Street (gratis), Dongmen Market und Huaxi Nightmarket (Preis hängt vom Hunger ab)
Verkehrsmittel: Zu Fuß, optional MRT
Der Dongmen-Market liegt direkt neben der gleichnamen U-Bahn-Station an der Red Line, nur zwei Stationen vom Hauptbahnhof entfernt und hat im Gegensatz zu den vielen Nightmarkets tagsüber geöffnet. Innerhalb kürzester Zeit haben wir ein paar undefinierte Teigkugeln und Teigtäschchen ausgefasst, die je nach Zubereitungsart als Xiaolongbao oder einfach nur Taiwanese Dumplings bezeichnet werden. Gefüllt sind diese Dumplings mit in einer Mischung aus Fleisch, Gemüse und Meeresfrüchten, gegart werden sie in einem Holzkörbchen über heißem Dampf.
Mit einem derart ausgezeichneten Frühstück im Bauch machen wir uns zu Fuß auf zur Chiang-Kai-Shek Memorial Hall, die westlich vom Dongmen Market liegt und von dort aus bequem zu Fuß zu erreichen ist. Die Memorial Hall stellt – wie ihr Name schon sagt – ein Denkmal für den ehemaligen Präsidenten Taiwans – Chiang Kai Shek – dar. Unter dem riesigen weißen Oktagon, gedeckt mit blau glasierten Ziegeln, im Zentrum des Areals liegt ein Museum. Dieses erzählt mit Replikaten aus Chiang Kai Sheks Leben seinen Werdegang vom Militärführer der Kuomintag, über den Kampf gegen die japanische Besatzung und Auseinandersetzung mit der chinesischen „People’s Liberation Party“ unter Mao Zedong bis zum Aufbau eines neuen Staates auf Taiwan. Neben dieser äußerst informativen Ausstellung über den ehemaligen Präsidenten, findet man auf dem Areal die Memorial Hall selbst, in der auch heute noch Ehrenwachen positioniert sind, sowie die Concert Hall und das National Theater.
Von der Memorial Hall sind es weitere 10 Minuten nach Westen zum National Museum of History, das an drei Seiten vom Taipei Botanical Garden umgeben ist. Um diese Zeit ist der botanische Garten saftig grün, vor allem die Azaleen liefern einige bunte Farbtupfer. Im Park liegt auch das hierhin versetzte Guest House of Imperial Envoys. Es wäre eigentlich einem Bauprojekt der japanischen Besatzung zum Opfer gefallen, konnte aber noch rechtzeitig abgetragen und unverändert an einem andern Ort wieder aufgebaut werden.
Bis zum Longshan Tempel (Drachenberg), dem Höhepunkt des Wanhua-Districts, geht man vom botanischen Garten aus abermals 10 bis 15 Minuten. Der Longshan Tempel stammte ursprünglich aus 1738, musste aber 1957 wieder völlig neu aufgebaut werden. Seinen Namen hat er von den imposanten Drachen, die alle Dachfirste bewachen. Obwohl es sich grundsätzlich um einen buddhistischen Tempel handelt, werden auch taoistische Gottheiten in den diversen Schreinen im Tempel verehrt. Dazu zählen u.a. der Hauptgott des Tempels – Guanyin – und die allseits beliebte Göttin der Seefahrer – Matsu.
Im Umkreis von 15 Minuten rund um den Longshan Tempel liegen noch drei weitere: Quintao, Quinshang und Quinshui, die zwar nicht an Schönheit, aber sicher an Kuriosität mit dem Longshan mithalten können. Insbesondere der Quinshang Tempel ist mit seinen überlebensgroßen Götter-Puppen sehenswert.
Gleich schräg gegenüber schließt an den Longshan Tempel die ehemalige Durchzugsstraße Bopiliao an. Als die japanischen Besatzer eine neue breitere Haupstraße bauen ließen, geriet dieses ehemalige Markt- und Handwerksviertel langsam in Vergessenheit. Die mehrstöckigen Häuser mit Ladenfront im Erdgeschoss und Wohnbereich im ersten Stock verfielen langsam. Ab 2004 sorgte ein mehrphasiges Bauprojekt für die Wiederherstellung der Gebäude. Heute sind sie liebevoll restauriert und können von außen wie innen besichtigt werden – leider stehen sie jedoch zu einem großen Teil leer.
Der Longshan-Tempel liegt in Mitten einer lebhaften Umgebung, in der es von Tages- und Nachtmärkten nur so wimmelt. Vom Eingansportal Richtung Osten grenzt bspw. die Kräutergasse an den Tempel an, Richtung Westen gelangt man recht schnell auf den Huaxi Night Market, der auch den klingenden Namen Snake Alley trägt. Die Straßennamen sind dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Zu früherer Zeit wurden hier angeblich Schlangen verkauft und verkocht. Heute werben noch wenige Restaurants mit dieser zweifelhaften Attraktion.
Die Nightmarkets öffnen übrigens erst ab 16:00 Uhr. Neben verschiedensten einheimischen Gerichten und frischem Obst und Gemüse werden hier Waren des täglichen Bedarfs angeboten. Entsprechend lebhaft geht es außerhalb der Huaxin Street zu, wo vor allem einheimische Marktbesucher und nicht nur Touristen die Zielgruppe sind. Wir genießen den Trubel und die Spezialitäten, die von der Schweinsstelze bis zur „Reiswurst“ reichen.
Direkt vor dem Longshan Tempel steigen wir gegen Ende des Tages noch einmal in die U-Bahn, um zwei Stationen mir der blauen Linie zurück zulegen und eine ganz andere Art von Markttreiben zu beobachten: Die Einkaufsstraße von Ximen. Als wir die gleichnamige U-Bahnstation verlassen, fühlen wir uns kurzfristig nach Shibuya 109 in Tokyo versetzt. Auch hier begrüßt uns eine riesige Kreuzung umgeben von farbenfrohen Leuchtreklamen und einer Menge Hochhäusern. Hier sind vor allem die jungen Taiwanesen zu finden, die sich durch die vielen Kleidungs- und Handyshops in dem Viertel stöbern. Ebenfalls nach wie vor hoch im Kurs zu sein scheint hier Bubble Tea.
Die Ähnlichkeit mit Tokyo geht so weit, dass ganze Einkaufszentren nach japanischen Stadtteilen benannt sind und ein Großteil der Gastronomie japanische Spezialitäten anbietet. Kein Wunder also, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als den Tag nach langer Zeit wieder einmal mit Tonkatsu ausklingen zu lassen.
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